Im E-Mail-Posteingang liegt eine Nachricht von Peter V. Nach einigen Monaten hat er mir geantwortet. Ich konnte mich an eine von mir verfasste Nachricht an ihn nicht mehr erinnern. Vor einigen Monaten habe ich die Internetseiten bzgl. Mitfahrgelegenheiten für eine Atlantiküberquerung abgeklappert. In dieser Zeit muss die Mail an ihn wohl entstanden sein. Er antwortet reichlich zeitverzögert mit einer ausführlichen Mail. Sein Plan eine weitere Atlantiküberquerung. Startpunkt Kanaren. Zeitpunkt November 2016. Die ehemaligen Gedanken werden wieder wach. Gedanken mit dem Boot den großen blauen Teich zu überqueren sind wieder da. Vor 5 Monaten hätte ich wahrscheinlich sofort zugesagt. Mich ergreift das Gefühl sofort zu antworten. Aber da war doch etwas! Die Probefahrt auf die Kanaren ging deutlich daneben, die meinen Körper in einem desolaten Zustand hinterlies. Ich halte mich zurück und lege diese Pläne erneut ad acta. Aber genau diese Momente erscheinen sehr reizvoll. Die Momente in denen der Weg einer Reise entsteht. Dieser Weg ist schwer planbar – er ensteht mehr mit der Zeit. So fiel es mir seit jeher schwer eine Reise im voraus zu planen. Wo man übernachtet, wann man weiterfährt… Eine Reise in einen Zeitraum von ein Paar Wochen zu packen mit festgesetzten Eckpfeilern des Zeitfensters wäre nicht umsetzbar gewesen. Auch ein Punkt warum es für mich, mit zeitlichen Abstand betrachtet, die richtige Entscheidung war eine Reise dieser Art zu unternehmen.
Ich komme gerade von einem ausgedehnten Lauf auf dem „Camino Norte“. Einer abgelegenen Erdpiste, die sich entlang der zerklüfteten, nördlichen Küste Fuerteventuras schlängelt. Perfekt um alleine zu sein und zu versuchen seinen Schatten einzuholen. Die Gedanken sind wieder sortiert, wie nach dem Aufräumen seines Schreibtisches. Der Blick auf die Südspitze Lanzarotes ist klar und nah. Wie ein Schleier legt sich ein Tuch über die ehemaligen Vulkane. Sand, Wind und Wasser haben eine fließende Bergform entstehen lassen. Der Blick wandert weiter und erreicht an diesem Tag sogar den Hafen, an dem ich vor ca. 4 Monaten mit dem Boot ankam. Seitdem ist viel passiert. Neue Kontakte, Geschichten, Erfahrungen und Arbeit entstanden. Es ist ein gutes Gefühl hier zu sein und seine „7 Sachen“ im Bus verstauhen zu können – Essen, Lektüre, Kites.
Ein zwischenzeitlichen Windhoch hat viele Kiteschüler nach Redshark angespült. Neben Arbeit in der Kiteschule schenkte uns der Wind schöne Tage auf dem Wasser. Alessandro, mein Arbeitskollege, und ich machen in diesen Tagen gute Fortschritte beim Kitesurfen und sind erstmals in Majanicho, einem felsigen Wellenspot unterwegs. Der Einstieg muss über Lavagestein gemeistert werden. Doch die anschließende Zeit entschädigt dafür. Wir sind alleine auf dem Wasser. Die komplette Bucht von Majanicho liegt für uns bereit. Wagt man sich weiter auf das offene Meer rollen kraftvoll mächtige Wellen auf einen zu. Diese Momente prägen sich ins Gedächtnis ein. Man nimmt eine kleine Erinnerugen mit, in der man in dieser rauhen und wunderschönen Natur seinen Sport ausüben konnte.
Auch sind es die letzten Tage meines Vaters hier auf Fuerteventura. Er hat mir meinen Bus aus Deutschland nach Spanien gebracht. Gemeinsam haben wir eine tolle Zeit erlebt. Den letzten Tag vor seinem Abschied verbringen wir in Ajuy an der Westküste Fuerteventuras. Eine imposante Felsküste mit Kalkablagerungen und einem schwarzen Strand beeindrucken. Der Strand trägt aufgrund von blutigen Piratenangriffen den Beinamen „Playa de los Muertos – Strand der Toten“. Der Kalk, der an der Küste im Lavagestein vom Meerwasser einst dorthin befördert wurde, wurde bis ins 19. Jahrhundert von hieraus wegen seiner besonderen Reinheit aufs Festland verschifft.
Die letzten Tage legte der Wind seine Arbeit nieder. Diese Zeit nutzen wir um andere Dinge, die anstanden umzusetzen. So enstanden Regale für Flyer und in der zukünftigen Galerie von Kuky installierten wir Beleuchtungen für seine Bilder, künstlerisch gestaltete T-Shirts, bemalte Surfbretter, Capis, Finnen u.v.m. Da der Beginn der Windsaison (April-August) bevorsteht, wurde das gesamte Kitelehrmaterial überprüft. Kites, Bars, Trapeze, Neoprenanzüge, Helme, Leashes kamen auf den Prüfstand. Außerdem wurde der Container, in dem das Schulungsmaterial untergebracht ist mit neuen Regalen und Aufbewahrungsmöglichkeiten ausgestattet. Jetzt kann die Saison kommen!
Ein neues Restaurant in Cotillo mit dem Namen „Tosho“. Kike und Anton haben Mitte März ihr Restaurant eröffnet. Bis dahin war es ein weiter Weg, denn beide kamen vor etwa 10 Jahren auf Fuerteventura an. Das Klima war der ausschlaggebende Punkt der beiden Emigranten aus Galizien. Kike arbeitete in seiner ehemaligen Heimat als Schreiner. Als es ihn 2006 auf die Insel zog, waren Arbeitsstellen rar gesäht und er heuerte als Bauarbeiter an. Ein wenig später folgte die Wirtschaftskrise und viele Bauruinen, die man heute in Fuerteventura sieht sind aus dieser Zeit. Seine Kochkarriere begann danach als Tellerwäscher. „Zu jener Zeit war jede Arbeit recht“ sagt er heute. Insgesamt 8 Jahre verbrachte er in Küchen im Norden Fuerteventuras. Beim Abwaschen konnte er das Zubereiten der Gerichte in der Küche beobachten. Nach 6 Monaten fand er dann eine Stelle als Koch. Zu diesem Zeitpunkt konnte er sich allerdings noch nicht vorstellen ein eigenes Restaurant zu eröffnen, denn in der großen Küche, in der er arbeitete ging ihm alles zu schnell. Ein Kellner kam herein und ratterte die Wünsche der Gäste herunter,
danach wusste er nicht mehr was der Kellner am Anfang genannt hatte. Das war auch einer der Gründe ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Eigene Produkte und Gerichte auszuwählen und glückliche Gäste zu haben sind die Motive. „Eine übersichtlihe Liste an hervorragenden Gerichten“ sagen Beide ist ihr Erfolgsrezept. Den Ausbau des Restaurants konnten sie selbst bewerkstelligen, aufgrund ihre Schreinererfahrungen. Und das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen. Das sehr gepflegte Ambiente lädt ein tolle Gerichte und Weine zu speisen.
Hier gehts zur weiteren Bildern: https://windtramp.org/2016/03/26/bilder-kanaren-die-reise-entsteht/