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Kolumbien – Herzlich Willkommen!

IMG-20170608-WA0023Capurgana, die erste Siedlung auf kolumbianischen Boden, abgeschnitten vom Strassennetz und nur mit dem Boot erreichbar. Esel- und Pferdekarren wandern durch die unbefestigten Wege des Dorfes. Der Strom faellt konstant taeglich aus. Die Natur erscheint jungfraeulich und die Anhoehen, die das Dorf umringen strotzen nur so vor sattem Gruen. Am Steg legen Motorboote an und viele Personen betreten festen Boden. Genauso kam ich vor einigen Tagen an und fand im Gaestehaus von Johana und Felipe, einem sehr sympathischen kolumbianischen Paar Unterschlupf. Am Rande der Zivilisation in der Idylle und Ruhe Capurganas raste ich einige Tage. Bereits bei den ersten Schritten in Kolumbien habe ich ein wohlwollendes Bauchgefuehl sehr willkommen zu sein. Wunderschoene Wanderwege durch Wald und Fluesse laden ein der Natur zuzuhoeren.

Am Horizont erscheinen und wachsen langsam dunkelgruene Flecken, die mit zunehmender Fahrt mit dem Motorboot groesser werden und weitere Bereiche abdecken bis die Kueste klar gezeichnet wird von huegeligen und gruenem Gelaende. Das Meer aendert seine Farbe von dunkelblau in eine braeunliche Fluessigkeit. Wir passieren Fischer, die gerade die Netze auswerfen. Gut 2 Stunden dauert die Ueberfahrt von Capurgana nach Turbo. Dort, wo das Strassennetz beginnt und es wieder Geldautomaten hat. Im schmalen, dreckigen Hafen werden im Weg stehende Boote zur Seite gedrueckt bis die Anlegestelle erreicht ist. Das Wasser ist stark verschmutzt und geht an den Ufern in eine schwarze Kruste ueber. Um den Bootskapitaen zu entlohen suche ich den naechsten Geldautomaten auf. Das Rattern der Geldmaschine senkt den Puls. Die Bootscrew rueckt mein Fahrrad samt des Gepaecks beim Anblick des bedruckten Papiers heraus.

P1050216-800x600Weitaus geschwaechter als angenommen sind die ersten Pedaltritte auf kolumbianischen Boden, die Tabletten gegen die Seekrankheit und die Strecke durch Panama mit wenigen Pausen zeichnen die Leistungsfaehigkeit. Nach kurzer Fahrt suche ich in Apartado nach einer Unterkunft zum Ausruhen und treffe Nelson auf der Strasse, der gerade mit seinem Rad unterwegs ist. Er bringt mich zu seinem Bruder Beltran, der seit etlichen Jahren Fahrradreisenden eine Unterkunft anbietet. Es beginnt sich der Mantel der Menschen in Kolumbien und ihrer Fuersorge, Herzlichkeit und Freundschaft ueber mich zu legen. Am Ende der Motorradwerkstatt bietet man mir ein Kaemmerchen an und ich bin sehr ueberwaeltigt  von der Gastfreundschaft. In der Werkstatt herrscht reges Treiben: es wird an den Zweiraedern geschraubt, Kunden und Freunde kommen und gehen, alles erscheint vertraut, und in dem ganzen Gewusel scheint niemand den Faden zu verlieren. Am Abend zeigt mir Beltran die einzelnen Stadtviertel, er stellt mir seine Freunde und Familie vor und laedt mich zu den Spezialitaeten seiner Region ein. Zusammen mit seinem Freund Mario moechte er naechstes Jahr eine Reise mit dem Rad durch Suedamerika unternehmen. Wir tauschen in den folgenden Tage viele Informationen einer Radreise aus, waehrend wir u.a. im Restaurant seines Freundes Marios koestliches Risotto zubereiten. Herzlichen Dank an Beltran und seiner Familie und Freunde sowie an Mario fuer die Zeit.

P1050215-800x600Reparaturen und Handwerk, die Sinn machen, die allerdings aus dem einzigen Grund der Unwirtschaftlickeit weitesgehend aus dem Blickfeld und Leben in meinem Heimatland geraten sind, finden in Apartado ein grosses Beschaeftigungsfeld. So findet sich fuer die meisten taeglichen Gebrauchsgegenstaende eine entsprechende Werkstatt zur Reparatur oder zur Erstellung. So lasse ich die defekte Fotokamera, die in Panama zu viel Wasser schluckte reparieren, meine Schuhe auf Vordermann bringen und fuer die kommenden kalten Andenregionen lasse ich mir eine Hose schneidern. Es erscheint unwirklich und normal zugleich. Unwirklich, weil ich mir selten eine Hose schneidern lasse, da man es in Deutschland gewohnt ist eine Hose zu kaufen, die wahrscheinlich aus Asien kommt und man mit dem Hersteller keinerlei Bezug hat. Und normal, weil es sich gut anfuehlt, zu jeder Person, die einem etwas repariert oder erstellt eine, wenn auch oberflaechliche und kurze, Beziehung zu haben.

P1050296-800x600Das Naturerlebnis auf der Strecke bis nach Medellin ist wunderschoen. Die ersten Auslaeufer der Anden wachsen stetig. Das Gebirge wird verwinkelter und unuebersichtlicher und die Strasse sucht sich ihren Weg durch die tief gruen bewaldete Region. Wasserfaelle fallen auf den Strassenrand von weit oben herab. Ich ueberquere oftmals Fluesse, die sich mit anderen verbinden. Das Rad schleicht im niedrigen Gang auf 1100m und hinab, auf 2100m und wieder hinab. Die Kolumbianer versorgen mich mit Mangos, Maracujas, Saeften, laden mich zum Kaffee ein und schenken mir Wasserflaschen aus dem Autofenster. Obstverkaeufer, Schreiner, Motorrrad-, LKW- und Autofahrer, Fussgaenger strecken mir ihren Daumen entgegen. Hoch oben sieht man ueber die Gebirgsketten, an deren Haengen einsame Haeuser mit Pfaden zu erkennen sind. Ich schlafe am hoechsten Punkt auf der Strecke nach Medellin an den Pforten eines Gasthauses einer sehr netten Familie. Die frische Luft und eine herzhafte Mahlzeit helfen den Koerper wieder zu Kraeften. Am naechsten Morgen breitet sich ein Wolkenmeer unter mir aus. Beim Durchqueren des nebeligen Weiss sinken die Sichtweiten bis man kurz darauf die Wolken von unten sieht.

P1050436-600x800Der Abgasstrahl der vorbeifahrenden LKWs erfasst jeweils kurzzeitig die Wadenmuskulatur. Aus der mit Kies beladenen Ladeflaeche der LKWs tropft das Wasser sowie mir von der Stirn. Nach Medellin eroeffnet sich um die Staedte Pereira, Armenia und Manizales die Kaffeeregion Kolumbiens. Es ist interessant zu erfahren, dass z.B. mit dem Schattenanteil, durch Bananenstauden auf dem Kaffeefeld, der Kaffeegeschmack beeinflusst wird. Genauso spielen, die weiteren Pflanzen neben den Kaffeebohnen eine Rolle. Unterschiedliche Verarbeitungsmoeglichkeiten (mit oder ohne Schale) eroeffnen dann noch einmal Variationsvielfalt im Kaffeegeschmack. Nach der Kaffeezone breitet sich ein Becken aus und die Anhoehen sinken allmaehlich in den Boden und es beginnen Palmen zu wachsen. Seitlich begrenzt wird das Caucatal von zwei Kordilleren, an denen sich die Wolken abregnen. Bis nach Cali erstreckt sich eine grosse landwirtschaftliche Flaeche, die fuer Mais und Zuckerrohr bewirtschaftet wird. Mit einer Leichtigkeit schwebt man auf der planen Ebene dahin und der Fahrtwind trocknet die Klamotten auf dem Gepaecktraeger, die noch nass von der Feuchtigkeit in den Hoehen sind.

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In Cali finde ich bei Andres und seiner Familie fuer einige Tage eine Unterkunft.

In Cali heisst mich Andres mit seiner Familie Willkommen. Die meiste Zeit verbringe ich in seinem Haus vorallem in der Horizontalen. Durch das Fenster hoere ich spielende Kinder,vereinzelt den Strassenverkehr, Unterhaltungen von Nachbarn und den Regen auf die Schreibe prasseln. Diese Umwelteinfluesse nehme ich im Nebel meiner Muedigkeit wahr. Das einzige was ich benötige ist so wenig Abwechslung wie möglich. Die bisherigen Steigungen haben mich geschlaucht. Es ist sehr beeindruckend wie schnell sich das Band einer Beziehung in Kolumbien pflechtet und nach ein paar Tagen in der Familie von Andres fuehlt man sich bereits als ein „kleines Mitglied“.

P1050673-800x600Mit neuen Kraeften geht es auf nach Pasto durch eine ueberaus sehenswerte Bergwelt. Die durch Erosion enstandenen Formen an den Haengen ziehen die Blicke an. Ausserdem geht es über sehr viele Brücken, die allesamt vom Militär bewacht sind, da das letzte mal vor ca. 3 Jahren die FARC, eine linksgerichtete Guerillagruppe einige davon pulverisierte. Von den existenten innerpolitischen Konflikten und Gewalt habe ich keinen einzigen Moment etwas mitbekommen. Auch der Fakt, dass Kolumbien der grösste Kokainproduzent der Welt ist, blieb meinen Augen verwehrt. Die Zeit in Kolumbien bestach mit seinen Menschen und ihrer einfachen Zugaenglichkeit, grossen Gastfreundschaft, Fuersorge und Hilfsbereitschaft und seiner abwechslungsreichen und bezauberten Natur.

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Jede Bruecke beherrbergt einige Wachmaenner.
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